Historisches aus der Kirchgemeinde Hindelbank

Kirche, Orgel und Glocken

Die Kirche von Hindelbank stammt aus der Zeit kurz vor der Reformation. Der damalige Oberherr von Hindelbank, Johann von Erlach, liess sie 1517/18 bauen und stattete die Fenster mit wertvollen Glasgemälden aus, die jedoch zerstört wurden, als die Kirche beim Dorfbrand im Jahr 1911 schwer beschädigt wurde. Nur das Mauerwerk vermochte dem Feuer zu trotzen. Im Jahr 1912 wurde die Kirche neu aufgebaut, mit einer hölzernen Gewölbedecke und den heutigen Kirchenfenstern versehen und um einen Anbau an der Nordseite, den heute nicht mehr gebrauchten Unterweisungsraum, erweitert.

Die damals eingebaute Orgel von der Firma Goll in Luzern wurde 1969 durch ein neues von der Firma Kuhn in Männedorf ZH erbautes Instrument ersetzt, das den musikalischen Dienst bis heute versieht. Auch das Geläute musste nach dem Brand erneuert werden. Die vier Glocken tragen die Aufschrift: „Ehre sei Gott in der Höhe / Friede auf Erden / Und den Menschen ein Wohlgefallen / Amen“.
Die Denkmäler

Die Kirche von Hindelbank beherbergt zwei bedeutende Kunstdenkmäler, die bei der Brandkatastrophe wie durch ein Wunder vor der Zerstörung bewahrt wurden: Das Grabmal für Hieronymus von Erlach und das Denkmal für Pfarrfrau Maria Magdalena Langhans, beides Werke des Bildhauers Johann August Nahl.
 

Grabmal für Hieronymus von Erlach

Die Familie von Erlach war über viele Generationen hinweg eng mit Kirche und Dorf Hindelbank verbunden. Ihr bekanntester Vertreter, Hieronymus von Erlach, war Berufsoffizier zuerst in Frankreich, später Reichsgraf, Feldmarschall-Leutnant und kaiserlicher Kämmerer am Hof zu Wien. Auch war er bernischer Gesandter in Paris und wurde 1721 Schultheiss von Bern, dies als Schwiegersohn seines Vorgängers. 1721 – 25 liess Hieronymus von Erlach einen standesgemässen Landsitz bauen, das heutige Schloss Hindelbank. Der Schlossherr bewohnte seinen Prachtsbau vor allem zur Sommerszeit. 1748 starb Hieronymus, sein Sohn Albrecht Friedrich beauftragte nun Johann August Nahl, dem Vater in der Kirche Hindelbank ein gross angelegtes Denkmal zu schaffen.

Nahl wurde 1710 in Berlin als Sohn eines Bildhauers geboren. Nach Reisen in Frankreich und Italien folgte es 1741 einer Berufung des Preussenkönigs Friedrich des Grossen nach Berlin, wo er sich als künstlerischer Gestalter an der Ausschmückung des Stadtschlosses und an der Innenausstattung der Schlösser in Charlottenburg und Potsdam betätigte.

Nach der Flucht vor seinem absolutistisch herrschenden Gebieter kam er 1746 nach Bern, wo er auf dem Landgut „Tanne“ bei Zollikofen als bildender Künstler wirkte. Ornamente an der Münsterorgel, das Grabmal für den Schultheissen von May in der Stadtkirche Thun und das Giebelrelief am Berner Kornhaus sind nur wenige Beispiele von Nahls Wirken in unserem Land.

Gemäss dem Wunsch seiner Auftraggeber gestaltete Nahl das Denkmal für Hieronymus reich und prunkvoll. Den Sarkophag aus rötlichem Marmor überragt eine Pyramide aus grauem Gestein, beschrieben mit goldenen Lettern, die den Verstorbenen mit all seinen Verdiensten und Titeln dem Andenken der Nachwelt empfehlen. Fünf allegorische Gestalten versinnbildlichen die Vergänglichkeit irdischen Ruhmes.

Ausser dem weinenden Engel sind alle Figuren aus der griechisch-römischen Mythologie entnommen; Fama mit Lorbeerkranz und Trompete, der Todesgott Chronos mit der Sense, die Glücksgöttin Fortuna, die sich vom Betrachter abwendet, und Minerva, die die Insignien des Schultheissen und den Marschall-Stab mit dem Bahrtuch zudeckt.
 

Denkmal für Pfarrfrau Maria Magdalena Langhans

Das Grabmal für Maria Magdalena Langhans ist im Gegensatz dazu eine schlichte Darstellung der christlichen Auferstehungs-Hoffnung. Vor dem Brand von 1911 hatte es seinen Standort in einer Vertiefung im Chor, wo ein schwerer Holzdeckel es vor den herabfallenden Brandtrümmern zu retten vermochte. Wenn Besucher in der Kirche erschienen, war das Heben des Deckels Aufgabe des Sigristen. Dessen Ächzen bei der schweren Arbeit soll sich wohltuend auf den Betrag des jeweiligen Trinkgeldes ausgewirkt haben! Als Nahl am Denkmal für Hieronymus von Erlach arbeitete, bot ihm Pfarrer Georg Langhans, der seit 1749 in Hindelbank wirkte, gastliche Aufnahme im Pfarrhaus.

Seine Gemahlin, Maria Magdalena, eine Frau von ausserordentlicher Freundlichkeit und Schönheit, erwartete auf den Frühling 1751 ihr erstes Kind. Am Vorabend des Osterfestes starb sie, erst 28 jährig, an der Geburt eines Knaben, der ihr bald folgte. Erschüttert über das schwere Leid, das so plötzlich über die junge Familie hereingebrochen war, schuf der Künstler auf eigene Initiative ein Denkmal des Lebens und des Trostes.

Eine Grabplatte, von Todessymbolen und den Wappen der Pfarrfamilie eingefasst, trägt die Inschrift: „Herr, hier bin ich und das Kind, so du mir gegeben hast“!, sowie die Worte aus einem Gedicht des Berner Arztes und Naturforschers Albrecht von Haller: „Horch! Die Trompete ruft, sie schallet durch das Grab / Wach“ auf, mein Schmerzenskind, leg deine Hülle ab / Eil deinem Heiland zu, vor ihm flieht Tod und Zeit / Und in ein ewig Heil verschwindet alles Leid“.

Der Stein, aus einem einzigen Block gehauen, scheint von unten herauf geborsten und in drei Stücke zerbrochen. Im entstandenen Riss wird die Pfarrfrau mit dem Kind sichtbar, die, zu ewigem Leben erweckt, ins Licht empor drängt.


Unter den vielen Besuchern des Langhans-Denkmals sind vor allem der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der junge Arthur Schopenhauer und Albert Anker zu erwähnen. Hindelbank war ehemals Postkutschen-Station. Reisende erfuhren daher oft zufällig von den Kunstwerken in der Kirche.


Das Bildwerk für Maria Magdalena Langhans entstand im Übergang von der Epoche des Hochbarocks zur Aufklärung. Dem Zeitgeist entsprechend, stellt die Skulptur eine „persön-liche Auferstehung“ dar, wo neben göttlicher Allmacht auch der Mensch in seiner Einmaligkeit und Würde an Bedeutung gewinnt. Unter vermögenden Leuten und Kunstkennern des 18. Jahrhunderts war das Langhans-Denkmal besonders sehenswert. Es existierten Kopien aus Ton, Gips, Porzellan und als Kupferstiche, die die Reisenden als Souvenir kaufen konnten.